Dresden - Florenz des Nordens

Dresden - Florenz des Nordens Bild: Gerd Krauskopf
Dresden, das Florenz des Nordens, in seiner schönsten Ansicht  Bild © Gerd Krauskopf

 

Hier, genau hier am rechten Elbufer von Dresden wird der begnadete venezianische Maler Canaletto 1748 seine Staffelei auf der Elbwiese 1748 aufgestellt haben. Zwei Maler sind heute als Canaletto bekannt – Giovanni Antonio Canal und sein Neffe Bernardo Belotto. „Dresden vom rechten Elbufer unterhalb der Augustusbrücke“ stammt vom jüngeren Belotto. Die Dresdener haben an dieser Stelle zu seinen Ehren einen Stahlrahmen in der Größe seines Meisterwerkes aufgestellt. Nur ein paar Meter davon entfernt sitze ich auf meiner ausgebreiteten Decke im Gras und genieße – wie viele Menschen in meiner Umgebung an diesem späten Nachmittag – die wärmende Frühlingssonne. Dabei halte ich ein Poster dieser weltberühmten Stadtansicht „Dresden vom rechten Elbufer unterhalb der Augustusbrücke“ in meiner Hand, das ich mir nach dem beeindruckenden Besuch der Gemäldegalerie Alte Meister gekauft habe. Canaletto hat dieses Gemälde als Auftragsarbeit für den sächsischen Hof unter Kurfürst Friedrich August II. – seinem großen Förderer – angefertigt. Fantastisch, wie er die Menschen in ihren alltäglichen Situationen dargestellt hat. Sein Bild ist voller Details, in das ich mich lange vertiefe. Seine Bildkompositionen sind von einer sehr präzisen Geometrie bestimmt. Mit einer sogenannten Camera obscura konnte er die Perspektive sehr genau nachvollziehen. Nicht nur die Architektur, sondern auch die Menschen hat er in ihren alltäglichen Situationen auf der riesigen Leinwand dargestellt und somit eine wahre Botschaft der barocken sächsischen Residenzstadt geschaffen. 

Während sich mein Blick vom Poster abwendet und über die Elbe zur Stadtansicht hinüber schweift, fällt mein Blick elbaufwärts auf die gläserne Kuppel der Kunstakademie mit ihrem goldenen Engel, die nachts von innen blau angestrahlt wird und somit besonders auffällt. Und da sie einer großen Zitronenpresse ähnlichsieht, bekam sie von den Dresdenern den Spitznamen „Zitronenpresse“.

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Aus dieser Sicht hier nur einen „Steinwurf“ elbabwärts von der „Zitronenpresse“ entfernt am Neumarkt der prägende Monumentalbau der Frauenkirche. Wüsste man nicht, dass diese barocke evangelisch-lutherische Kirche in den letzten Kriegstagen des Zweiten Weltkrieges zerstört wurde, man könnte meinen, es sei das originale Gotteshaus von einst. Dabei stürzte sie zwei Tage nach dem verheerenden Bombenangriff zusammen. Das vier Meter starke Sandstein-Mauerwerk bekam nach zweitägigem Brand durch die unvorstellbare Hitze des Phosphors der Brandbomben Risse und konnte die 12.000 Tonnen schwere Kuppel nicht mehr tragen. „Über vier Jahrzehnte“, so erzählte mir meine Stadtführerin Dagmar Renger vor ein paar Tagen, „war der Trümmerberg als Mahnmal gegen Krieg und Zerstörung in unserer Stadt mit einer Gedenktafel sichtbar.“ Getreu dem historischen Vorbild wurden mit weltweiten Spenden in mühevoller Kleinarbeit alle Steine aus dem Trümmerberg, soweit sie noch vorhanden waren, zwischen 1993 und 2005 exakt an ihren Originalstellen wieder verwendet. Inmitten der heutigen beeindruckenden Szene „Jesus am Ölberg“ des 1738 fertiggestellten Sandsteinaltars, der aus über 2000 Trümmerstückchen wieder hergestellt wurde, steht Jesus in Lebensgröße. Ihn holte man unbeschädigt mit nur einem Kratzer an der Nase aus den Trümmern. 
Ein tiefer, langer Hupton eines Schiffhorns fordert die Fahrgäste am Terrassenufer unterhalb der Brühlschen Terrassen zum Einsteigen auf. Wenig später sehe ich den Seitenraddampfer „Dresden“, das Flaggschiff der Sächsischen Dampfschifffahrt, unter der Augustusbrücke elbabwärts hervorkommen. Die 400 Meter lange Augustusbrücke wurde von den Sachsen stolz als ihre „Rialtobrücke“ bezeichnet. Sie verbindet die Altstadt mit der königlichen Neustadt. Derweil haben einige Gäste im Salon auf dem Achterdeck platzgenommen und schauen aus den großen Fenstern ihres 1926 fertig gestellten Oldtimers. Andere Gäste bevorzugen das Sonnendeck und suchen sich ihren Platz. Mein Blick begleitet das stolze Salonschiff – in dem es bestimmt elegant mit einem Hauch von Luxus einher geht – bis es sich unter einem Steinbogen der Marienbrücke meinem Blick entzieht. 

Beim Blick auf die Marienbrücke kommt mir die im Jahr 2013 fertiggestellte Waldschlösschenbrücke in den Sinn. Sie entlastet seit dieser Zeit die bis dahin chronisch verstopfte und staugeplagte sächsische Landeshauptstadt und führte zur Aberkennung des Unesco-Titels „Welterbe Dresdener Elbtal“, was zu damaligen großen Protesten in der Stadtbevölkerung führte. Jetzt wendet sich mein Blick zurück zum „Florenz des Nordens“, wie man die berühmte Altstadtsilhouette auch nennt. Da habe ich die erklärenden Worte meiner Stadtführerin Dagmar Renger noch im Gedächtnis, die den 102 Meter langen Fürstenzug an der Außenseite des Stallhofs des Dresdner Residenzschlosses detailreich erklärte. Auf 23.000 Fliesen aus Meißner Porzellan ist das zwischen 1127 und 1873 herrschende Fürstenhaus Wettin in Überlebensgröße darstellt. Die Bombardierung der Stadt hat das gewaltige Bild wie ein Wunder überlebt, nur wenige Fliesen mussten ersetzt werden. Im Stallhof selber, so erfahre ich, haben rauschende Feste und Reiterspiele stadtgefunden. Alleine 200 Angestellte sorgten sich um 128 nobelste Turnierpferde, für die im Hof eine übergroße „Badewanne“ zur Pflege angelegt war und noch heute sichtbar ist. Wo früher jedes noble Pferd eine eigene Box besaß, ist heute auf 5000 Quadratmetern das Verkehrsmuseum mit noblen Exponaten zur Geschichte von Eisenbahn, Straßenverkehr, Luftverkehr und Schifffahrt untergebracht.

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Nur ein paar Schritte weiter verdeckt die mächtige Katholische Hofkirche das Residenzschloss. Da Kurfürst Friederich August II. kein anderes Grundstück in der Umgebung besaß, wurde das barocke Gotteshaus vor die Fassade des Residenzschlosses gesetzt. Da jedoch das schlammige Gelände keine Fundamente für einen solchen mächtigen Bau erlaubte, wurden unzählige Baumstämme 25 Meter tief – wie in Venedig – in den Boden gerammt. Besonders auffällig am Residenzschloss ist die riesig hohe Stahlverkleidung, die die Sicherheitsarbeiten am „Grünen Gewölbe“ nach dem spektakulären Juwelendiebstahl 2019 von außen unsichtbar machen sollen. Im „Neuen Grünen Gewölbe“, nur eine Etage über dem „Grünen Gewölbe“, mit über 1000 Einzelstücken verweilte ich bei meinem Besuch lange vor dem Hauptwerk europäischer Juwelierkunst, der Darstellung des Geburtstages vom Großmogul Aureng-Zeb, dem uneingeschränkten Herrscher des reichen Indien. Von Dagmar Renger erfahre ich, dass der Goldschmied Johann Melchior Dinglinger auf dieser kleinen Tischplatte ab 1701 innerhalb von sechs Jahren nicht weniger als 5.120 Diamanten, 160 Rubine, 164 Smaragde, ein Saphir, 16 Perlen und zwei Kameen in Kleinstarbeit eingearbeitet hat. Der mächtige, Dresdner Grüne Diamant, mit 41 Karat ist zwar eine Augenweide, für mich jedoch nicht annähernd so spektakulär wie das indische Geburtstagsfest. Schon fast am Ende der Altstadtsilhouette thront erhaben die Semperoper, deren Prachtbau erst gute siebzig Jahre nach Canalettos Tod errichtet worden ist – weswegen ich das Opernhaus auch nicht auf seinem Gemälde finden kann. Bei einer Führung mit Steffi Uhlig erfahre ich, dass es sich bei diesem Opernhaus der Sächsischen Staatsoper Dresden um den dritten Bau handelt. Der erste Bau von Baumeister Gottfried Semper wurde 1841 fertig gestellt, der als eines der schönsten europäischen Theater Berühmtheit erlangte. 1869 brannte das Gebäude im italienischen Frührenaissancestil völlig aus. Der zweite Bau wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und der Grundstein für das heutige Gebäude erfolgte 1977. Der städtebaulich so wirkungsvolle Baukörper wird über dem Hauptportal gekrönt von einer bronzenen Panther-Quadriga mit Ariadne, der Braut von Dionysos, der in der griechischen Götterwelt der Gott des Weines, der Fruchtbarkeit, des Wahnsinns und der Ekstase war. Den Bau des Zwingers mit seinen Gartenanlagen gleich neben der Semperoper liegt ein Stück weit von der Elbe zurück und somit nicht sichtbar für das Werk des Malers. Heute zieren Grünanlagen den vermutlich schönsten Barockbau Deutschlands. Nach der Fertigstellung 1728 führte August der Starke seine prominenten Gäste in sein geniales, harmonisch geschaffenes Bauwerk, das umgeben ist von ausladenden Pavillons und einer riesigen polnischen Königskrone über dem Kronentor. Dort staunten sie über tausend Orangen, Ananas- und Kaffeebäumchen. Für die richtige Stimmung sorgten dann frei gelassene Wellensittiche und Kanarienvögel. So charmant und reizvoll, wie sich das fantastische Ensemble der berühmten Altstadtsilhouette heute auch nach dem Wiederaufbau der Kriegszerstörungen präsentiert, wurde die Stadt durch August den Starken. Er plante minutiös bis ins kleinste Detail die städtebaulichen Strukturen, hinter der sich vor ein paar Minuten die Frühlingssonne verabschiedet hat. Und gleich in der „Blauen Stunde“, wenn die Lichter der Altstadt erleuchten, kommt mein „Canalettoblick“ aber mit Fotoapparat statt Staffelei.

 

Weitere Informationen:

Touristeninformation für Dresden,
Münzgasse 2,
01067 Dresden,
Tel.0351/65318882,
www.touristeninformation-dresden.de

 

Dresden, Blick auf die Altstadt Bild © Gerd Krauskopf

Dresden, Blick auf die Altstadt am Abend Bild © Gerd Krauskopf

Dresden, am Neumarkt Bild © Gerd Krauskopf

Dresden, Bild © Gerd Krauskopf

Dresden,Brühlschen Garten, Kuppel der Frauenkirche Bild © Gerd Krauskopf

Dresden, Kuppel der Frauenkirche Bild © Gerd Krauskopf

Dresden, Frauenkirche Innenansicht Bild © Gerd Krauskopf

Dresden, Im grünen Gewölbe Bild © Gerd Krauskopf

Dresden, Schloss mit Schlosskirche Bild © Gerd Krauskopf

Dresden, Zwinger des Schlosses Bild © Gerd Krauskopf

Dresden, Zwinger des Schlosses Bild © Gerd Krauskopf

Dresden, Semperoper Bild © Gerd Krauskopf

Dresden, Semperoper - Foyer Bild © Gerd Krauskopf

Dresden, Blick über die Elbe auf Schloss und Altstadt Bild © Gerd Krauskopf

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